Tag: 25. Januar 2018

Der ganze große Rest

Wenn es stimmt, dass wir nur zwanzig Prozent unserer Lebensmöglichkeiten ausschöpfen – was ist mit dem Rest? Wenn es richtig ist, dass nur fünf Prozent unserer Gehirnkapazität gebraucht wird – was geschieht mit den brachliegenden Nervenzellen im Denkorgan? Welchen Status hat das, was offenkundig keine Rolle zu spielen scheint? Sind das nur Möglichkeiten? Eine Wirklichkeit eigener Qualität? Vielleicht ist ja das Ungenutzte nützlich, weil nur so das Genutzte auch von Nutzen sein kann. Die Fragen ließen sich umkehren: Was wären die Lebenschancen, die wir in Anspruch genommen haben, ohne jenes größere Feld des ungelebten Lebens? Gerade dann, wenn wir unseren unerfüllten Sehnsüchten realiter begegnen, wächst die Ahnung, wie wichtig es sein kann, dass ungehobene Schätze der eigenen Existenz im Verborgenen bleiben, damit das, was ist, sich entfalten kann. Die Wirtschaft spricht von einer Achtzig-zwanzig-Verteilung, vom Pareto-Prinzip, das sie allerorten entdeckt. Das kleinere Prozent schafft Wert; das übrige ist wertlos. Stimmt das? Es spricht viel dafür, dass die achtzig Prozent Durchschnitt oder Ausschuss entscheidend sind für die zwanzig Prozent, die hohe Qualität liefern. Man kann nicht ohne Folgen weglassen, was auf den ersten Blick verzichtbar zu sein scheint.