Meins bleibt meins

„Wenn wir doch nur wieder Fremde sein könnten …“ So steht es auf der Karte, die der getrennte Ehemann seiner Frau schickte; beide sind sie gezeichnet vom Trauma, das der Tod ihrer Tochter ausgelöst hatte. Es ist die Schlüsselszene in „Verborgene Schönheit“, einem Weihnachtsfilm, Rührung garantiert. „Wenn wir doch nur wieder Fremde sein könnten …“ So müsste es gewünscht sein vor den Sondierungsgesprächen, die heute beginnen mit dem Ziel, wieder zu einer Großen Koalition zu finden. Was sonst sollten Sondierungen für einen Sinn haben, wenn nicht den auszuloten, was der andere im Sinn hat? Man hat ihn also wie einen Fremden anzuschauen, auch wenn er seit Jahr und Tag bestens vertrauter Partner in Regierungsgeschäften ist. Ob das geht? Es ist das Gesetz glücklicher Beziehungen: Den anderen immer wieder wie einen Fremden wahrzunehmen, damit das Vertrauen wachsen kann und nicht das Vertraute plötzlich fremd erscheint.