Parabel

Zu den geläufigsten Vorstellungen vom Alter gehört die Überzeugung, ein Mensch wiederhole in seinen späten Jahren das Verhalten, das ihn in seiner ersten Lebensphase ausgemacht hatte, nur mit umgekehrten Vorzeichen. – In dem Augenblick, da er sich dabei ertappte, nichts mit den Gleichaltrigen zu tun haben zu wollen, die ihm zu wenig neugierig und eigenwillig erschienen, erinnerte er sich an seine Weigerung im Kindergarten, sich um die Neuankömmlinge zu kümmern, die ihm seiner Reife nicht würdig erschienen. So wie er sich heute deutlich jünger fühlte als seine Zeitgenossen, hatte er sich damals für älter eingeschätzt. Die Wahl seiner Freunde spiegelte das wider, bis er eines Tages feststellen musste, dass er mit den Jüngeren keine gemeinsame Welt teilte (vielleicht nie geteilt hatte), so wie er von den Älteren damals nur akzeptiert worden war, weil er die besten Pausenbrote eingesteckt bekam und er stets seinen Reservekaugummi verschenkte.