Monat: Dezember 2017

Kein Lächeln für die Fotografen

Wenn die schlechte Laune theoretisch wird, heißt sie Dogmatismus. Wird die Verbiesterung politisch, tritt sie als Extremismus auf. Sie kann grinsen und zynisch auflachen, nie aber vermag sie zu lächeln. Denn Menschen zu gewinnen, ist nicht ihre Sache. Sie will ohne sie siegen.

Bankenrettung

Die Zukunft der Digitalisierung ist das Analoge. Aber nicht als Rückkehr in alte Zustände, sondern als Entdeckung, dass es in ihr weniger um eine technische Differenz und ihre Folgen geht, die sich beschreiben lässt als zerbrochenes Geschäftsmodell, über Branchenverwerfungen, die eminenten Möglichkeiten der Kommunikation, totale Vernetzung, durch all die weltweiten Eingriffe in überkommene gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Gewohnheiten. Sondern worum? In dem Maße, wie Handlungen auf Mustererkennung verdichtet werden und die Zukunft auf Prognosen reduziert ist, wird die Verflechtung beider Seiten deutlich: Das eine ist ohne das andere sinnvoll nicht zu haben. Nicht Risikokalkulation statt Mut, Design statt Gestaltung, Daten statt Information, Pläne statt Strategien, sondern stets der Mut als Bedingung des eingegangenen Risikos, die Strategie als Ort ausgearbeiteter Pläne. Vielleicht wird die Verflechtung beider am anschaulichsten in der Finanzindustrie: Würden die Banken wieder verstehen, dass viele Transaktionen erst gelingen, wenn sie auf intakten Beziehungen, also dem analogen Vertrauen ruhen, man müsste man sich in ihr und um sie keine Sorgen machen.

Die Prämie des Schadensfalls

Nichts lässt uns das Leben gewisser versäumen als der krampfhafte Versuch, es in ihm unbedingt richtig zu machen.

Aggregatzustand

Wunderliches Organ: Ein gebrochenes Herz ist selten die Folge eines verhärteten Herzens, das fallen gelassen wurde, als vielmehr das Unglück eines, das einmal sehr weich gewesen ist.

Verpackungsmüll

In Zeiten der Fassadentechnik Marketing ist die Verpackung entweder alles, weil dem Inhalt alles fehlt, oder nichts wert. Dabei weiß jeder, der sich über ein Geschenk noch kindlich freuen kann (was eine Eigenschaft der Erwachsenen ist), wie wichtig das Papier ist, in das es eingewickelt wurde, am schönsten noch immer vom Schenkenden selbst. Es deutet an, verbirgt, verspricht, bekommt seine Rolle in dieser Zwischenform, nicht ganz substanziell, nicht ganz nutzlos zu sein. Es verzögert die Entdeckung und erfüllt darin die vornehmste Aufgabe von Kultur: eine Sache geheimnisvoll zu machen, indem sie sich immer auch entzieht. Drei Wochen Advent, drei Wochen warten. Wer wartet, tut nicht nichts. Es ist die Zeit, sich einzuüben in das, was nicht zu haben ist, aber alles sein will.

Verpasst, verprasst

Der Vielfahrer, der mit der Bahn unterwegs ist, kennt das Gefühl: Atemlos überspringt er die letzte Treppenstufe zum Bahnsteig und hört das dumpf klackende Geräusch mit dem die Türen des abfahrbereiten Zugs sich schließen. Anschluss verpasst. Es ist wohl dasselbe Empfinden, das die alten Griechen zu einer lebensklugen Einsicht genötigt hatte: Jede Situation kennt ihren eigenen glücklichen Augenblick, den kairos. Den gilt es zu entdecken, was schon verzwickt genug sein mag, und entschlossen zu ergreifen. Dahinter steckt die Erfahrung, dass alles Leben gelingt, indem es sich mit der Welt und den Situationen, die sie anbietet, synchronisiert. Glücklich sein bedeutet zu verstehen, was in einem bestimmten Zeitpunkt an der Zeit ist.

Glücksmoment

Nach zwanzig Jahren Ehe stellen sie ernüchtert fest, dass die einzige gemeinsame Veranlagung, die sie haben, vom Finanzamt kommt.