Tag: 13. Januar 2018

Leutseligkeit

Man kann die Phasen einer Legislaturperiode genau unterscheiden am Gebrauch der Phrase „die Leute wollen das“. Schon immer hatte „Leute“ weniger die Bedeutung „Volk“, sondern meinte vor allem das gemeine Volk – das Volk, das seinem Herrscher zur Gefolgschaft verpflichtet war. Wenn erzielte Kompromisse mit künftigen Koalitionspartnern begründet werden durch die Annahme, „die Leute im Land“ forderten eine Sache, versteckt sich hinter der Berufung auf den allgemeinen Bürgerwunsch, die im Gestus demokratischer Verantwortung vorgetragen wird, unverhohlen ein umgekehrtes Machtgefälle: „Leute“ sind kaum die, deren Interessen man verfolgt, sondern eher eine Formel, mit der sich die eigenen Interessen bestens rechtfertigen lassen. Die Instrumentalisierung des Volks für parteipolitische Zwecke verrät sich im verächtlichen und spaltenden Beiklang, den das Wort „Leute“ hat: wir hier oben, ihr da unten. Wie anders kann es sein, dass es dann im Wahlkampf zugunsten der Leutseligkeit für Monate aus der politischen Rhetorik verschwindet.