Tag: 26. Juli 2019

Bildkraft

Immer wieder steht im Zusammenhang mit großen technischen Sprüngen – vor fünfzig Jahren war es der Mondbesuch, heute sind es vielleicht: die Steuerung der Selbstheilung weltgeißelnder Krankheiten, der Ersatz von Menschlichkeit durch Maschinlichkeit(?), damit die Entdeckung einer (be)fremd(lich)en Art von Unsterblichkeit, der Singularität – die Verlegenheit des Ausdrucks. Wir können noch nicht sagen, was wir schon denken oder erleben oder gar tun. Dabei bietet die Sprache für solche Neuerungsschübe ein reiches Arsenal an bildkräftigen Wörtern: die Metaphern. Sie vermischen und verdichten Bekanntes mit Unbekanntem zu einer erhellenden Überraschung. Der Mittelalterforscher und Philosophiehistoriker Kurt Flasch hat in seiner umfangreichen und inhaltsschweren Studie über Hans Blumenberg darauf hingewiesen, dass dessen Metaphorologie an der Kosmologie entwickelt worden sei.* Es ist also in entscheidenden Phasen so, dass die Wissenschaft sich nicht von der noch dunklen anschauungsgeleiteten Wortform her entwickelt zur Theorie, sondern dass die Begrifflichkeit sich an Sprachbildern orientiert und so um Einverständnis wirbt über Phänomene, die sich der Beschreibung und Kategorisierung noch entziehen. Wie lauten die großen, absoluten Metaphern unserer Zeit?

* Kurt Flasch, Hans Blumenberg. Philosoph in Deutschland: Die Jahre 1945 – 1966, 377ff.