Monat: Juni 2020

Dauerkrise

Ein Staat, der einmal das Maß seiner Fürsorge im Krisenmodus zugunsten der Bürger bis zu den Grenzen finanzieller Belastbarkeit ausgedehnt hat, findet nur schwer wieder aus dem latenten Paternalismus heraus. Denn das Volk leitet, wie auch in kleinen Angelegenheiten, aus großen Geschenken allzu rasch den Anspruch ab, dauerhaft versorgt zu werden. Und schwankt zwischen der Selbstverkleinerung, die eine Vormundschaft der politischen Institutionen herausfordert, und der Selbstvergrößerung, die als Konflikt sich äußert zwischen den Delegierten im Parlament und denen, die sich in ihrer maßlosen Unzufriedenheit unterrepräsentiert fühlen. Es ist der alte Eltern-Kind-Streit, in dem es immer nur ein Zuwenig oder Zuviel gibt, an Anerkennung wie Ablösung. Souverän zu sein heißt auch, in den entscheidenden Momenten allein gelassen zu werden.

Routine in Beziehungen

Das erste Anzeichen, dass sich in einer Beziehung Routine eingeschlichen hat, gibt der Wortschatz. Wenn er an seine Phantasiegrenzen gestoßen ist und über das Wort „Schatz“ hinaus kaum noch andere Kosenamen vorkommen, Varianten beim Gute-Nacht-Gruß entfallen oder im Erzählen mit der Lust an der Geschichte die Lust auf den anderen nicht wächst oder umgekehrt das Verlangen nach dem Gegenüber sich auch im Verlangen ausdrückt, ihn teilhaben zu lassen an den eigenen Lebenslegenden, dann zeigt sich in der Verarmung der Begriffswelt auch eine Gefühlswelt, die sich nicht mehr weiten will oder dehnen kann. Nicht ausgemacht ist allerdings, ob die Grenzen der Sprache auch die Grenzen der Liebe andeuten. Denn Routine kann sowohl ein Indiz für die Verflachung sein wie ein Ausweis von Vertiefung.

Fünf Sterne

Die Vielzahl von Bewertungen hilft weniger, sich ein Urteil zu bilden über die benotete Sache, als dass sie auf Dauer den Eigensinn zerstört.

Noch einmal Menschenliebe

Der Moralapostel eifert für den Eifer. Weil er den Glauben an das Gute, die Hoffnung auf Änderung und die Liebe zu den Menschen verloren hat, ist er nur noch seinen Prinzipien treu. Überall entdeckt er Anlässe, sich in eine unrechte Sache blindwütig zu verbeißen. Seine Verbissenheit ist so fest, dass er selbst dann kaum loskommt, wenn sich der Grund für die Verbohrtheit erledigt oder sich gar als nichtig herausgestellt hat. Am Ende, nach ungezählten Mühen, seine Gerechtigkeit in der Welt durchzusetzen, nach maßlosen Anwürfen und Anzeigen, Denunziationen und gehetzten Diffamierungen, gibt er zwar nicht auf. Aber seine Feindseligkeit reicht nur noch zum Hass auf sich selbst.

Tierfreund

Die Tierliebe und der Naturschutz ersetzen dem guten Menschen heute, was ihm an Menschenfreundlichkeit fehlt.

Die Liebe des Narzissten

Wenn der Narzisst liebt, bleibt er sich selbst treu.