Tag: 12. September 2020

Hybrid

Das Zauberwort in Schwellenzeiten heißt „hybrid“. Weil das Alte nicht mehr recht taugt und das Neue noch nicht wirklich überzeugt, gelten Mischformen als Übergangslösung, die sich gern als moderne Technik oder ultimative (Lern-)Methode vorstellen, als Sache eigenen Rechts. Sie sind zwar mehr als das, was die Volksstimme „Nichts Halbes, nichts Ganzes“ nennt, aber haben ihre eigene Unentschiedenheit nicht überwunden. Die Kunst ist, aus beidem ein Drittes zu schaffen, das weder den Rückfall provoziert, noch den Fortschritt ungeduldig erwarten lässt, durch das die Erinnerung und die Sehnsucht gleichermaßen eliminiert sind. Die Wortstammähnlichkeit mit der Hybris mag das Hybride gemahnen, sich der eigenen Vorläufigkeit so bewusst zu werden, dass alle Anstrengung darauf gerichtet wird, sich selbst zu überwinden. Hybridfahrzeuge, Hybridunterricht, Hybridrasen, Hybridzigaretten – das ist selten das Beste aus zwei Welten. Sondern nichts als die zur selbstgefälligen Form aufgeblasene Verlegenheit, es noch nicht besser zu wissen.