Monat: Oktober 2020

Liebe und Hass

Was Liebe und Hass verbindet: dass ihnen die Gleichgültigkeit fehlt. Hier wie dort wird der andere mit höchster Sensibilität angesehen. Nur dass das, worauf die Liebe ein Auge geworfen hat, der Hass beäugt.

Effekthascherei

Seine Unschuld verliert ein Mensch in dem Augenblick, in dem ihm bewusst wird, dass er seine Wirksamkeit sich zunutze machen kann für die Verbesserung der eigenen Wirklichkeit, nicht nur zur Veränderung von Welt. Das mag mit den Tränen des Kleinkinds beginnen, die es geschickt einsetzt, um zu erreichen, was es sich trotzig vorgenommen hat. Und endet nicht in jener Selbstbezogenheit, der alles andere gleichgültig geworden ist, solange es der Selbstbestätigung  treu dient. Zu dieser Verengung des Blicks auf das Ich gehört nicht zuletzt, dass ihr am Ende selbst die Einsicht abhanden gekommen ist, es könne um mehr gehen als das Eigene. Das ist nicht unschuldig, aber ignorant.

Systemrelevant

Kultur kann nicht systemrelevant sein. Ihre viel größere Aufgabe ist zu fragen, ob das System relevant sei.

Zwei Fragen

Zwei Fragen sind es nur, die das Leben unbedingt beantwortet haben will: Wer bin ich? Und: Wo gehöre ich hin? Es kommt nicht selten vor, dass die Gewissheit in der einen das andere Problem vergessen lässt.

Grenzerfahrungen

Immer sollte bedenken, wer Grenzen einreißt, dass er damit auch Konturen zerstört. Formen, auf die verzichtet wird, geben stillschweigend die Aufgabe, eine neue Identität auszubilden. Im Idealfall ist dieses geschehen, bevor jenes angegangen wird. ​

Auf Abstand

So manche Begegnung auf Abstand fiele leichter, wenn man die in Zeiten der Ansteckungsgefahr gebotene Distanz, die Handschlag und Umarmung verhindert, als sichtbaren, ja messbaren Ausdruck auffassen könnte für den Respekt, den Menschen einander erweisen.

Das Versprechen der Sprache

Das große Geheimnis der Sprache ist, dass sich aus ihr etwas anderes gewinnen lässt als Wörter – Taten.