Abgehängt

Ausschnitte aus meinem Interview mit der „Frankfurter Neuen Presse“ zum Wutbürger, erschienen in der Printausgabe von gestern. Leider ging beim Kürzen für die Online-Fassung auch der Schluss verloren. Hier der verlorene Passus:

Gibt es nicht auch gute Gründe, heutzutage wütend zu sein?
WERNER: Natürlich gibt es die. Und sie werden größer in dem Maße, wie unsere Ohnmachtserfahrungen wachsen. Ein paar Beispiele: Wenn offenkundig korrupte Funktionäre wie im Fußball-Weltverband den Lieblingssport der Deutschen zu zerstören beginnen; wenn Unternehmen im Automobilbau mit Verbrauchsangaben und den Daten über den Schadstoffsausstoß betrügen; wenn ein Politiker mit Lügen eine Entscheidung herbeiführt, die ein Land aus der Europäischen Union zwingt; wenn Regierungen öffentlich sichtbar Rechtsbrüche begehen – und keiner tut etwas dagegen, dann ist das definitiv Anlass zum Aufbegehren. Ich spräche allerdings in dem Fall lieber vom Zorn, der mir eher für ein gerechtes Anliegen zu stehen scheint, als von der meist ja dumpfen Wut. Vor allem aber setzt der Zorn auf eine Kraft, die nicht zuletzt konstitutiv ist auch für das Gelingen einer Demokratie: auf das Vertrauen. Die Wut misstraut, allem und jedem. Der Zorn indes vertraut – auf seine Kräfte, die Ideale der Gerechtigkeit, ich scheue mich nicht zu sagen: auf eine bessere Welt. Es ist allemal sinnvoller, auch in Zeiten vielfacher Enttäuschung, sich ans Vertrauen zu halten. Denn das zerstört nicht, sondern will gestalten.