Aller Anfang ist abstrakt

Er habe niemals gezögert, über das eigene Werk zu reflektieren, gesteht Heinz Mack, einer der Gründer der Künstlergruppe ZERO.* Der Satz ist tiefer, als er sich liest. Denn er unterstellt, es sei im Fach der höheren Malerei nicht üblich, das künstlerische Tun eigens zu bedenken. Zur Freiheit der Kunst gehört selbstverständlich auch, sich nicht über sich selbst verständigen zu müssen. Das Ergebnis spricht für sich; mit ihm ist alles gesagt. Darin unterscheidet sie sich von der Wissenschaft, die methodisch einordnen muss, was sie in der Sache schon mühsam auf den Weg gebracht hat. Warum also reflektiert ein Künstler wie Mack dennoch seine Arbeiten? Wohl weniger um des Publikums willen, dem er sie erklärt, sondern aus Zweifel an der unmittelbaren Wirkung. Das Bild selber ist entstanden durch einen Abstraktionsprozess, ist Struktur, nicht Gegenstand, Bewegung, nicht Inhalt. Am Ende geht es um die Gewissheit, dass es lohnt, über die Reflexion eine höhere Stufe der schöpferischen Unmittelbarkeit zu erklimmen, die ihre Ursprünglichkeit dort findet, wo sie längst verloren ist: in der Konstruktion.

* Die neue dynamische Struktur, ZERO 1, Düsseldorf 1958; Reprint ZERO 1-3, Heinz Mack und Otto Piene, Köln 1973, 14