Applaus-Banausen

In den Gotteshäusern, kaum dass der diensthabende Organist den Schlussakkord der Bach-Toccata angespielt hat, setzt der Applaus der Gemeinde ein, den sie aus dem Konzerthaus übernommen hat: genauso indiskret, leicht blasiert, ohne Empfindsamkeit für Klangpausen. Er prasselt über die letzten Tonschwingungen und verhindert, dass sich Sammlung und Stille im Raum ausbreiten und halten können. Der Besucher des Ritus entpuppt sich als das, wozu er degeneriert ist: nicht mehr Teilnehmer und Teilhaber einer heiligen Handlung zu sein, sondern Mitglied eines Genusspublikums, das passiv, aber nicht passioniert dem Schauspiel am Altar beiwohnt. Der ästhetische Eindruck überformt den theologischen Inhalt. Ohne die populären Fingerfertigkeiten des Pianisten am Instrument wär’s in der Kirche auch nur halb so schön gewesen, so die implizite Botschaft der Besucher. Man wünschte ihnen den großen Gernhardt als heiteren Zuchtmeister, der mit seinen kleinen Formen Hörer und Leser zur Räson rufen konnte. Unter der Überschrift „Weils so schön war“ liest er der Gemeinde die Leviten:
„Paulus schrieb an die Apatschen:
Ihr sollt nicht nach der Predigt klatschen.
Paulus schrieb an die Komantschen:
Erst kommt die Taufe, dann das Plantschen.
Paulus schrieb den Irokesen:
Euch schreib ich nichts, lernt erst mal lesen.“