Aus Mangel an Geschichten

In der evidenzbasierten Medizin haben Krankheiten zwar eine Historie, aber keine Geschichte. Sie markiert Werte, misst Differenzen in den Daten, hält sich an Fakten und kennt deren Veränderung, aber sie versteht nicht, in eine Erzählung zu fügen, was sich als Leid und Schmerz anfühlt und die Aufgabe formuliert, ein Verhältnis zu entwickeln zur eigenen Malaise. „Weil das Wesen der Krankheit ein biographisches ist, darum kann auch die Erkenntnis der Krankheit immer nur eine biographische sein“, schreibt Viktor von Weizsäcker in seiner „Pathosophie“.*

* Gesammelte Schriften 10, 289