Brotlose Kunst

Nie war die Redewendung von der brotlosen Kunst zutreffender als im Zeitalter der digitalen Plattformen und wachsender künstlicher Existenz. Das hat weniger mit der Verwertung von fremdem geistigen Eigentum zu tun, gesetzeskonform oder unrechtmäßig, als mit der schwindenden Fähigkeit, zwischen Original und Kopie scharf zu unterscheiden. Wenn von Algorithmen gesteuerte Maschinen Gedichte produzieren oder Zeitungsartikel, Meisterwerke detailgetreu bis zur Verwechselbarkeit nachmalen, für Filme die dramaturgisch aufregendste Formel errechnen und Hits komponieren, wenn das alles schneller, effizienter, ertragreicher ohne Menschenhand geschaffen werden kann – wer gibt sich dann künftig die Mühe, sucht soziale Entbehrung, riskiert seine bürgerliche Existenz, um Kunst zu schaffen, die in seltenen Fällen von anderen als groß anerkannt wird? Es ist nicht zu utopisch gedacht, dass das Urheberrecht bald schon deswegen nicht mehr angewandt werden kann, weil der Nachweis immer schwieriger zu erbringen ist, wer der erste Autor gewesen ist. Und nicht mehr angewandt werden muss, weil die Autoren nicht mehr existieren, die das Recht für sich in Anspruch nehmen wollten.