Das Heilige und die Gewalt

Während in Genf die Außenminister der UN-Vetomächte über das iranische Atomprogramm verhandeln, kommt aus Texas die Nachricht, dass es gelungen ist, eine bestens funktionierende Pistole aus Metallstaub über einen Laser-Drucker herzustellen. Die Vorlage, hundert Jahre alt, ist frei verfügbar. Im beginnenden Zeitalter des Zugangs (Jeremy Rifkins, The age of access) stehen nicht nur die Inhalte allen zur Verfügung. Ob die Verteidiger des Herrschaftswissens, die in ihre letzten, verzweifelten Gefechte gehen (gegen Wikileaks, Edward Snowden, Google Books oder die jungen Atommächte), ahnen, dass eine Welt, in der es keine Exklusivität gibt, sich mit sich selbst überfordert? Sie mögen nur die Gefahr sehen, die entsteht, wenn in viele Hände gerät, was schon in wenigen bedrohlich genug ist. Doch die Gefärdung reicht weiter, weil sowohl Macht wie auch Freiheit ohne Asyle, ohne einen Informationsvorsprung, ohne das geschützte diplomatische Geheimnis, ohne unfragliche Unzugänglichkeiten nicht möglich sind, also auf denselben Bedingungen fußen. Wer löst diesen Zwiespalt? Einst nannte man solche undurchschaubaren Refugien das „Heilige“. Sie waren gleichermaßen unheimlich und unentbehrlich.