Das ist doch normal

Dass das Gebotene zugleich auch als selbstverständlich angesehen wird, ist der Glücksfall für jede Handlungsempfehlung. Wenn Erforderliches vom Gewohnten überboten wird, entsteht der Krisenfall, der Handlungsanweisungen erzwingt. Normal ist eben nie fraglos. Das eine soll sein, das andere ist. Notwendige Rückschlüsse von einer Regel auf das Zweifellose erübrigen sich, sonst bedürfte es der Verfügungen nicht; sinnvolle Folgerungen vom Alltäglichen auf das Angeordnete lassen sich nicht ziehen. „Das ist doch normal“, sagen wir und meinen das Gegenteil: Es sei selbstverständlich. In diesen Zeiten der Ansteckungsgefahr, die das Leben anstrengt, ist gerade wenig natürlich und allzu viel muss neu verabredet werden, weil die Frage, was gilt und wie wir es halten wollen, wieder und wieder zu justieren ist und sich nicht mehr von selbst beantwortet.