Das letzte Hemd im letzten Haus

Anders als im christlichen Brauch, sind in der jüdischen Tradition Gräber das ewige Eigentum des Toten. Der Raum, in dem er bestattet ist, gehört ihm, so dass die letzte Ruhestätte nicht wiederverwendet wird. Dem Verstorbenen wird ein unantastbarer Ort zugesprochen, in dem er auf das Kommen des Messias ungestört warten kann. Mit dem zeitlich unbegrenzten Recht auf eine nur für ihn festgeschriebene Stätte ehren die Überlebenden den Toten und halten seine Würde fest, indem sie ihm einen Platz auf dieser Welt freihalten. Wie unterschiedlich doch die Vorstellungen sind, die mit dem Eigentum einhergehen: hier das unzerstörbare Recht auf ein letztes Haus, die zeitlos gewährte Bestimmung, es zu nutzen; dort die absolute Entkleidung von jedem Besitz bis auf ein letztes Hemd, das keine Taschen hat. Beiden allerdings liegt die Überzeugung zugrunde, dass nur der Freie (Befreite) auf Auferstehung angemessen hoffen darf.