Das Zeitalter des politischen Narzissmus

Vielleicht befreien die Auflösungserscheinungen des „Projekts“ Europa, der hakelige Abschied von England, die Provokationen durch Italien, das verweigernde Geraune in Ungarn, das kleinlaute Schweigen zu den französischen Unruhen, Europa vom Anspruch, ein „Projekt“ sein zu müssen. So lang politische Technokraten sich nicht einmal um den Sachverstand scheren, sondern Institutionen schaffen, um sich selbst zu versorgen, verstärkt der Narzissmus hier den Nationalismus dort, et vice versa. Erst wenn Europa sich als gemeinschaftsstiftende Idee wiederentdeckt, die nicht erst abstrakt beschworen werden muss, wenn der Gestaltungswille sich nicht findet, wird es, paradox zu sagen, betörend lebendig in seiner konkreten Wirklichkeit.