Demonstranten

Gestern liefen sie wieder durch die Stadt, am späten Freitagvormittag. Und demonstrierten lautstark für ihre, für die Zukunft aller. Begleitet von ein paar blaulichternden Motorrädern zogen sie die Verkehrsader entlang und riefen, rhythmisch, ihre Parolen. Die Stimmen klangen hell und schrill, aus hundert Kinderkehlen drangen die Sorgen um das Weltklima, die Angst vor der Katastrophe durch die Straßenschluchten. Artikulierte Sätze waren, bei allem Bemühen, kaum zu verstehen. Nur die Wucht, mit der sie vorgetragen wurden, spürten die unbeteiligten Straßenpassanten. Je heftiger die Schüler schrien, desto stärker mischte sich der Widerhall von den Hausmauern mit den nur zu ahnenden Aussagen zu einem anschwellenden Geräuschpegel wie von einer kurzatmig kreischenden Maschine. Es geschah Seltsames: Immer enger rückten die Mitglieder des Zugs zusammen, verhakten sich untereinander, verschmolzen in der Hitze des Gebrülls zu einem festgebackenen Block; wohingegen etliche Zeugen des Geschehens stehenblieben, fasziniert vom Geräusch, verstört von der Macht der unverständlichen Wortwucht, und keine Bindung fanden zu irgendeiner Botschaft. Es ging, so konnten sie fest vermuten, um die eine Welt, unsere gemeinsame, und doch war die Kluft selten größer zwischen der engagierten Gruppe dort und den irritierten Individuen hier, in der jeder plötzlich ein Sonderling im Weltgeschehen war mit seinen kleinen Geschichten und großen Anliegen.