Der Witzbold im Alltag

Die Etymologie gibt Auskunft darüber, dass der Witzbold, früher auch „Klügling“ genannt, einst als ein Mensch angesehen wurde, dessen Verstand so stark und kühn erschien, dass er andere durch seine Reden mitriss. Wie so vieles ist auch der Witzbold inzwischen zu einem Oberflächenphänomen geworden. Sein Mut und die Kraft seiner Äußerung degenerierte zu neckischer Affektiertheit; die Schärfe seiner Gedanken verkümmerte zur oft lächerlichen Pointensuche. Wenig ist übrig geblieben von einem überraschenden Geist. Eines aber hat sich verschoben: die Zwiefältigkeit, die jeden Scherz auszeichnet und die sich im befreiten Lachen über ihn auflöst, ist beim Alltagswitzbold der Unsicherheit gewichen darüber, ob er eine Sache ernst oder humorig meint. Nimmt man sie als Spott, fühlt er sich bemüßigt, darauf hinzuweisen, es stecke schon mehr darin. Greift man deren Seriosität auf, wird man gleich gescholten, keinen Spaß zu verstehen.