Die Erfindung des Neids

Der Neid ist ein Meister des Fadenscheinigen. Was er an Gründen nicht vorbringen kann, die Leistungen eines anderen zu schmälern, schafft er, indem er sich selber zur willkürlichen Instanz von Recht und Unrecht, Akzeptanz und Ablehnung macht. Er ist Chefkritiker von Berufswegen oder Herausgeber eines Essaybands, Betriebsratsvorsitzender oder Vorzimmerdame – alles Positionen, die nur geringe Gestaltungskräfte erfordern, aber maßgeblich entscheiden über das, was klein bleiben muss und groß werden darf. Indem er den anderen zwingt, sich zu rechtfertigen, immunisiert er sein eigenes Urteil, das seine Armseligkeit, kaum einen Grund zu haben, hinter der Fassade formaler Pflicht verbirgt.