Die Stärke des Schwachen

Eine auch in der Theologie genutzte Denkfigur, die Macht der Ohnmacht, gerät immer dann in den Fokus, wenn vor allem die Schwäche einer Institution sichtbar wird, deren Wert aber unbestritten bleibt. Was aber soll stark sein an Formen der Wehrlosigkeit, wo doch allein die Fragilität in dem Augenblick hervortritt, in dem in Zweifel gezogen wird, was sonst als unfragliche Grundlage des Zusammenlebens, nicht zuletzt des politischen, gilt? Wer mit unverhohlener Häme auf eine Demokratie zeigt, die ihre eigenen Symbole dem Pöbel gegenüber scheinbar nicht zu verteidigen weiß, verkennt das Wesen der Freiheit. Die nämlich zeigt sich am deutlichsten in Momenten ihres Entzugs. Und der schier elend langen Geduld mit jenen, die sich dort fälschlich auf sie berufen, wo sie aus purer Willkür Schaden anrichten im Gemeinwesen. Freiheit ist so stark, dass sie auch dann noch an sich glaubt, wenn von ihr nur noch ein anarchischer Rest übrig geblieben ist. Und erst eingreift und den Verzicht auf sie einfordert, sobald ihr, der vieles möglich ist, in den Sinn kommt, alles mögliche möglich sein lassen zu wollen zu Ungunsten derer, die darin den Charakter des Möglichen korrumpiert sehen müssen.