Endlich aufgeklärt

Zu meinen, dass die Aufklärung, das Zeitalter der Vernunft, ein für allemal hinter uns liegt, mag eines der üblichen Missverständnisse sein im historischen Bewusstsein. Aufklärung ist nichts, was sich irgendwann einmal erledigt haben wird, sondern ein steter, kritischer Prozess der Selbstirritation. Kühn indes wird der Gedanke, wenn er aus der Überzeugung, keine Zeit hätte sie so nötig wie die unsere, folgert, der Aufklärung stünde eine große Zukunft bevor. Das muss nicht sein. Es reichte ja schon, wenn eines ihrer wesentlichen Talente wieder zu Gebrauch käme: die Urteilskraft, die dafür sorgt, dass wir unsere Entscheidungen selbstverantwortlich treffen und vor jedermann rechtfertigen können. Nichts verlangt eine Periode der Ignoranz gegenüber Fakten und deren Komplexität mehr als die ungefährdete Achtung der Tatsachen, ja die Fähigkeit, sich Sachverhalten gegenüber sinnvoll und streitbar zu stellen. Wir denken nicht mehr, weil es uns immer weniger gelingt, die Dinge deutlich sein zu lassen.