Entscheidungsschwäche

Bei allen Vernetzungsmöglichkeiten, Erneuerungsfähigkeiten, Geschäftschancen: Der gesellschaftliche Erfolg der Digitalisierung wird maßgeblich geleitet von dem maßlosen Versprechen, dass sich durch sie das Leben eindeutig gestalten lässt. Wo eine Wahl nur zwischen Null und Eins zu treffen ist, verschwinden die Zwischenformen. Wenig ist dem Menschen so verhasst wie der Grauton seiner Existenz, wenn er dort zu entscheiden hat, wo er den Entschluss doch exakt gar nicht zu fällen vermag. Mit dem Digitalen glaubt er, all jene Phänomene zum Verschwinden bringen zu können, die ihm immer unheimlich waren, weil sie sich nie nur von einer Seite zeigten: wie das dunkle, janusköpfige Geheimnis einer Liebe, die er zugleich hassen kann, oder eines Vertrauens, das er zur Kontrolle einsetzt, oder einer Freiheit, die er als zwingende Last empfindet.