Finale Vorfreude

Freu dich nicht zu früh, so lautet die Warnung an jene, die sich allzu leicht begeistern lassen. Eine gehörige Portion Nüchternheit kann der Freude nicht schaden. Aber nutzt es ihr? Die kleine Unterscheidung mag das belegen: Zwischen der Freude und der Vorfreude steht nicht nur die Zeit, die bestimmt, dass die eine folgt, wo die andere vorausgegangen ist. Von hier nach dort geschieht vielmehr der entscheidende Zuwachs an Realität, der dafür sorgt, dass eine Verwandlung eintritt. Die Vorfreude blendet mögliche Enttäuschungen aus. Das ist der Grund für die gebotene Vorsicht, die weiß, dass sich Höchstwahrscheinliches in seinem modalen Aggregatzustand noch verändern kann in eine Unmöglichkeit. Es gehört zur Freude die leichte Tendenz, an sich selbst sich zu genügen, die Sache, um die es geht, außer Acht zu lassen, sie zu verklären, schönzureden, ihr eigenes Spüren fast als ausreichend zu empfinden. Diese stille Rücksichtslosigkeit gegenüber der Wirklichkeit macht sie anfällig, nicht mehr darauf zu achten, ob zur Feier überhaupt noch Anlass ist. Freude will sich nicht stören lassen, im Gegenteil: Sie ergreift den Augenblick, hält sich auf im reflexionsfreien Raum, genießt die Selbstverständlichkeit. Daher findet sich am ehesten bei sich selbst, wo die Frage nach ihrem Anhalt noch gar nicht recht auftreten kann, in der Phase der Vorfreude.