Gott in der Krise

Die Passionsgeschichten, die am Palmsonntag mit dem Einzug des Erlösers in Jerusalem beginnen, setzen vor die dramatische Schilderung des Leids Humor. Im Stil einer Parodie lassen sie den Protagonisten ins Geschehen treten, in dem er weniger handelt, als dass er duldet. Er, der Weltenretter, setzt sich auf einen Esel, wo andere Herrscher hoch zu Ross durch die Tore der Stadt ritten, die Gesten der Macht ins Komische und Understatement brechend. Das Volk, das von ihm alles erwartet, als es „Hosanna“ schreit, weiß nicht, ob es jubeln soll oder flehen, wie es im Hebräischen heißt: Hoschana, hilf doch! Und es erlebt fortan einen Gott in der Krise, der so sein Versprechen einlöst, ein Gott in der Krise zu sein. Viele Zweideutigkeiten auf einmal. Bis dahin, dass offenbar wird, wie die Summe der Missverständnisse ins Verstehen führt.