Habe ich Sie verletzt?

Die Gänge im Zug sind so eng, dass sie Gegenverkehr kaum vertragen. Man muss zwischen die Sitzreihen ausweichen, mindestens Brust und Bauch einziehen, um Passagieren, die in die andere Richtung streben, Platz zu machen. Er kehrte zurück vom Bordbistro, ohnehin auf unsicheren Füßen, weil er links den frisch aufgewärmten Flammkuchen hielt, in der rechten Hand die kühle Flasche Bier, während der Wagon eine seiner heftig ruckartigen Bewegungen vollführte, die ihn über die Weiche aufs nächste Gleis bringen. Das Mitbringsel konnte er noch elegant balancieren. Aber er vermochte nicht zu verhindern, dass die Zugbegleiterin, die ihm den Rücken zukehrte, in seine Arme fiel. Und die er schloss, um sie zu halten. „Habe ich Sie verletzt?“ stammelte sie erschrocken. Er zögerte den Bruchteil eines langen Augenblicks. Für eine Schaffnerin eine schöne Frau, schoss ihm ein hässlicher, aber halbwegs wahrer Gedanke durch den Kopf. „So schnell geht das nicht bei mir“, antwortete er, „Aber ich könnte mir vorstellen, dass Sie es schafften, meinem Herz einen kleinen Knacks beizubringen.“ Was aus ihm so flapsig sprudelte, sorgte bei ihr für betretenes Schweigen. „Ich komme später zu Ihnen“, sagte sie leise nach einer kurzen Pause, in der sie sich sammelte und aus seiner Umarmung löste. Jetzt habe ich sie verletzt mit meiner blöden Bemerkung, dachte er nur. Und sie? Ließ sich die ganze Zugfahrt nicht mehr blicken.