Helden

Held ist das, was wir nicht sind. So hat Jacob Burckhardt, in einer Abwandlung auf die historische Größe, ein Individuum gekennzeichnet, das aus dem gewohnten Gang der Geschichte herausragt. Die Bestimmung kennzeichnet nicht nur den Unterschied zu uns Normalsterblichen. Sondern sie markiert vor allem, dass man zum Helden nicht geboren werden kann – anders als die heroenbevölkerte Antike es sich vorstellte. Der Held entsteht immer erst in einer riskanten Situation. Diese gemeistert zu haben, für sich und andere, erhebt ihn über das Maß des Durchschnitts. Dennoch sind es weniger Talent und Geschick, durch die er brenzlige Lagen bewältigt, als vielmehr ein untrügliches wie höchst seltenes Gespür für die Verschmelzung von Gefahr und Geheimnis. Lächerlich sind daher Auszeichnungen wie die zum „Helden der Arbeit“ in der sozialistischen Diktatur des Proletariats. Die unfreiwillige Komik eines Personenkults als Massenphänomen in einem System, das alles Individuelle brutal verachtet, zeigt das unerschütterte Bedürfnis nach der Sage, das selbst unter heldenwidrigen Bedingungen belegt, dass wir ganz und gar nicht in einem postheroischen und somit mythenfreien Zeitalter leben. Im Gegenteil: Die große Erzählung sucht sich nur andere Stoffe. Denn ohne sie und ihre Helden wüssten wir nicht, dass das, was wir nicht sind, uns doch möglich ist.