Hilfe !!!

Gegenüber sitzt die resolute Frau, das Notizbuch aufgeschlagen auf den Knien, am Ohr das Telefon, ganz Chefin. Man wird unfreiwillig zum Gesprächszeugen, wie so oft im Zug. Ob er denn in der Büroecke den Aktenordner ziehen könne. Darin fänden sich die Dokumente, die noch auszuwerten seien. Bis morgen. „Das wäre hilfreich“, ruft sie ihm hinterher im leicht drohenden Ton und legt auf, grußlos. Wie die Wörter sich doch wandeln. Was sonst nur freimütig für das schönste Angebot taugt, die diskrete Unterstützung, die der Rede kaum wert sein will, aber ihren Wert verliert, sobald sie eingefordert wird, ist zum billigen Leistungsmaßstab unter Kollegen entstellt worden. Zu Zeiten, da Kopfnoten dem Schulzeugnis vorangestellt waren, tauchte unter den Bemerkungen des Lehrers manchmal der Satz auf, der Schüler sei hilfsbereit, in geschätzter Erinnerung an Goethes Bildungsideal, wonach der Mensch sich unterscheide von allem andern dadurch, dass er edel sei und gut und zwischendurch auch hilfreich. Heute ist das Merkmal von der Person auf die Sache übertragen. „Hilfreich“ ist ein Beitrag, der ein Problem löst, eine weiterführende Diskussionsbemerkung, eine angehängte Abendschicht im Büro. Die Eigenschaft bezeichnet den reibungsverlustfreien Ablauf und fällt auf den Menschen nur noch insoweit zurück, als dieser den Prozess nicht stört. So eng ist die Hilfe in die Nähe einer Funktion gerückt, dass sie, die doch in der Handlung nie aufgeht, weil sie sich darüber hinaus immer als Haltung erweist, plötzlich zum schlichten Reflex verkommen ist, der widerspruchslos Anweisungen folgt.