Hustenkonzert

Im Konzerthaus zwischen zwei Sätzen. Sobald der letzte Ton – nicht verklungen, aber – zu Ende gespielt ist, setzt im Publikum zuverlässig nervöses Husten ein. Es ist so lästig wie unvermeidlich. Zwanghaft scheint es dem Zuhörer in der Kehle zu kitzeln, unabhängig vom Erkältungszustand oder allergischen Reiz. Worauf reagiert der Körper? Nimmt man das Geräuspere und Gekrächze zum Gradmesser, dann scheint die Anspannung während des musikalischen Vortrags besonders hoch zu sein: Nichts tun zu können, ja zu dürfen, außer über sich ergehen zu lassen, dass da andere, und sei es noch so schön, ihre Instrumente virtuos einsetzen, das überfordert offenbar jene, die nicht verstehen, dass auch der Zuhörer am Gelingen des Stücks teilnimmt. Er verlängert das Orchester in den Konzertsaal. Sein Beitrag an der Symphonie ist die konzentrierte Stille. In einem sensiblen Gespräch hat Daniel Barenboim jenen Moment beschrieben, in dem der letzte Ton noch um eine Sekunde des Verweilens bittet: „Diese Klang-Stille-Beziehung ist permanent in der Musik. Man braucht diese letzten Sekunden, um genau das zu erleben, besonders nach einem Stück, das sehr leise endet. Es ist so, wie etwas auf den Tisch zurücklegen, ganz langsam und sanft, ein Buch, nachdem man gelesen hat, die Tasse, nachdem man Kaffee getrunken hat. Es ist nichts philosophischer als das. Aber ich glaube, diese Sekunden sind sehr, sehr wichtig.“ (SZ vom 12./13. April 2014)