In Krisenzeiten

So mancher Verwaltungsvertreter und politischer Repräsentant spiegelt unwillkürlich in seinen bräsigen Rechtfertigungsbemühungen zu all den Problemen bei der Impfstoffbestellung oder der Auszahlung von Staatshilfen, dass diese Zeit beschleunigt auf dem Weg zu Neuem ist, das nicht zuletzt das für überholt „erklärt“, was sich vom Gang der Dinge nicht mitreißen lassen kann. Wie schnell in Krisen gewohnte Prozesse und fest etablierte Strukturen in ihrer Behäbigkeit und Disfunktionalität entlarvt werden, kann nur den wundern, der die Radikalität von Schwellenphasen nicht verstanden hat, die alle Ausdrucksformen einer Gesellschaft erfasst. Jacob Burckhardt notiert in seiner kleinen Theorie historischer Epochenwechsel: „Zum Lobe der Krisen lässt sich nun vor allem sagen: Die Leidenschaft ist die Mutter großer Dinge, d.h. die wirkliche Leidenschaft, die etwas Neues und nicht nur das Umstürzen des Alten will … Die Krisen und selbst ihre Fanatismen … als echte Zeichen des Lebens zu betrachten, die Krisis selbst als eine Aushilfe der Natur, gleich einem Fieber, die Fanatismen als Zeichen, daß man noch Dinge kennt, die man höher als Habe und Leben schätzt. Nur muß man eben nicht bloß fanatisch gegen andere und für sich ein zitternder Egoist sein.“*

* Weltgeschichtliche Betrachtungen, 138