Lob der Anarchie

Gefangen in einem engmaschigen Netz aus Regeln und Vorschriften verstoßen wir überall dort gegen die Verordnungen, wo sich spontan und voller Enthusiasmus Leben ausbilden will. Hier eine Idee, die von Baurichtlinien blockiert wird, dort ein Geschäftsvorhaben, das durch Finanzgesetze teuer zu Fall gebracht wird – die Bürokratie arbeitet an der Perfektion, das Mögliche unmöglich zu machen. Aus Angst, dass sein könnte, die Verfügungen nicht genau beachtet zu haben, verzichten wir darauf, Spielräume zu ermitteln. Nichts geht mehr, weil niemand sich zu bewegen wagt. Verwaltungen organisieren ihre Macht über die Angst vor Direktiven, die sich selber widersprechen und in diesem geduldeten, ja gewünschten Widerspruch sich unangreifbar machen. Wo die Logik als letztes Kriterium nicht gilt, kapituliert der kommunikative Kampf. Der Denkmalschutz verbeißt sich im Brandschutz, der Bürgerschutz verliert sich im Datenschutz. Wer immer schon mit einem Bein im Gefängnis steht, kann das andere nicht als Spielbein einsetzen. Es gibt eine einfache Antwort auf die Frage, was hier hilft: dass Mut belohnt und nicht bestraft wird, dass Anarchie gelobt und nicht getadelt wird, dass Wagnis gefördert und nicht beschränkt wird, dass die Folgen bedacht, aber nicht die Bedenken verfolgt werden, dass zwischen Sinn und Unsinn von Normen geltungsscharf unterschieden wird. Das politische Ressentiment hat keine Chance mehr, sobald die Freiheit des Geistes und der Geist der Befreiung wieder uneingeschränkte Wertschätzung erfahren.