Organspende

Dass sie freiwillig geschieht, macht jede Spende zu einer Geste, nicht nur des guten Willens. Sie als, und sei es schlicht: moralische Grundpflicht auszuweisen, nimmt ihr die Gelegenheit, über das Funktionale einer Bedürftigkeitsbefriedigung hinaus das Schönste zeigen zu können, wozu Menschen fähig sind: sich hinzugeben. Die nun öffentlich erprobte Umkehrung der Lizenz zur grundsätzlichen Einwilligung, Organe nach festgestelltem Hirntod für eine Transplantation zur Verfügung zu stellen, vergeht sich an einem alten Prinzip der Menschlichkeit: dass Personen niemals nur Mittel für andere Zwecke sein dürfen. Und seien diese noch so edel. Der politische Vorschlag, Zurückhaltung nur bei ausdrücklicher Verweigerung zu üben, steigerte nicht nur die Gelegenheit zum Misbrauch (das „Nein“ war nicht zu finden, wurde übersehen) und wäre ein ungeheuerliches Beispiel staatlichen Übergriffs auf die eigene Integrität. Er würde sich aber vor allem vergehen an dem, was im emphatischen Sinn Diskretion heißt: sich eines möglichen Zugriffs auf den anderen zu enthalten. Auch das gehört zur Würde des Menschen, dass wir weder seinen Anfang antasten noch sein Ende.