Parteienspektrum

Sobald sie an der Regierungsbildung beteiligt sind und die Aufgaben des Gesetzgebers übernehmen, werden sich die Parteien, die sich im Wahlkampf noch erbittert bekämpft haben, alle ähnlich: Sie beginnen einzuführen, statt auszukehren. Den Wust an Regeln, die Unübersichtlichkeit der Vorschriften, die Widersprüchlichkeit der Verfügungen, die ein entschlossenes Handeln eher hindern als fördern, mehr lähmen als vorantreiben, verdanken wir einer über Jahrzehnte gepflegten Sinnselbstversorgungsmentalität der Politiker, die noch die letzten parlamentarischen Hinterbänkler veranlasst, ihre Handschrift in einer Spezialverordnung gewichtig zu hinterlegen. Alle beklagen sich über die Komplexität der modernen Welt, auf die der moderne Staat zu reagieren habe, und verstehen nicht, dass sie selbst es sind, die maßgeblich zu deren Undurchschaubarkeit beitragen. Den Wettbewerb mit der Komplexität gewinnt nur, wer wieder sich der einfachsten Lebensformen erinnert und deren Überlegenheit wertschätzt: Das Vertrauen ist allemal effizienter als jeder Erlass; Mut ist stets selbstgewisser als jede Tat, die sich ihre Sicherheit über eine Studie mit Fokusgruppen gesucht hat. Das hat der Populismus erkannt, der auf billige Art die Sehnsucht nach Klarheit bespielt, indem er sie mit simplen Inhalten ideologisiert. Die wesentliche Aufgabe der Gegenwartspolitik lässt sich nur paradox beschreiben: Hingabe an die Zurücknahme.