Politischer Sinn

Was mag der Sinn sein in der gar nicht trivialen Lebenseinsicht, dass einer seine Identität in dem Maße entdeckt, wie er bereit ist, sie aufzugeben, dass eine Grenze erst erkannt wird, wenn man sie überschreitet, dass es keinen Gewinn geben kann ohne das Risiko einer Niederlage, dass man besonders schätzt, was man hergeben soll? Ein Antwortversuch: Es sind die Erfahrungen von Kontingenz, des möglichen Verlusts, die uns dazu bringen, eine Beziehung zu finden zu uns selbst oder den Dingen dieser Welt. Nicht was man hat, ist von Bedeutung, aber das, wozu man ein Verhältnis hat; nicht wer man ist, macht schon eine Persönlichkeit, aber die vielen Formen der Verknüpfung, nicht zuletzt mit sich selbst, zeichnet sie aus. Über das Individuelle hinaus ließe sich aus dieser einfachen Einsicht eine Folgerung zur politischen Identität ziehen: Die Fragilität Europas rührt wohl kaum daher, dass es zu viel aufs Spiel setzt, sondern dass es zu wenig wagt.