Recht auf Löschung

In den sozialen Medien die Nachricht vom neuen Glück: der „Freund“ im Netzwerk strahlt mit der Liebe seines Lebens ins Kameraauge. So wie er im Jahr zuvor noch die Welt an der früheren Liebe seines früheren Lebens farbenfroh teilhaben ließ. Kein Übergang, keine Entfremdung, kein Zögern, kein Zweifeln. Die eine ist nicht gegangen, die andere ist nicht gekommen. Jene ist einfach verschwunden; diese nimmt wie nach einer fotografischen Retusche die freigewordene Stelle im Bild ein. Digitalisierung bedeutet in der Biographie, auch da: Unmittelbarkeit. Geschichten zu erzählen, ist zu umständlich. Wo Zusammenhänge schwinden, verbirgt sich auch das Leid. Das verbürgte Recht auf Löschung der Daten sorgt dafür, dass von Schmerz wie aufkeimender Freude, von Vorsicht und Geheimnissen, von Ungewissheit und Entschlossenheit, von allem, was einen Übergang ausmacht, nicht mehr berichtet werden kann.