Spielarten der Freiheit

Ein altes Gesetz des Denkens verknüpft den Inhalt eines Begriffs mit dessen Umfang durch umgekehrte Proportionalität. Je geringer die Menge ist, die er umfasst, desto genauer lässt sich bestimmen, was er bedeutet. Zur Kategorie eines Taschenbuchkriminalromans gehören signifikant weniger Exemplare als zu dem, was alles „Buch“ genannt wird, aber die Einbildungskraft wird über das Wort präziser geleitet. Wie ist das mit einem, nicht nur politisch höchst wirksamen Begriff wie Freiheit? Dem, der ihn mit Verantwortung übersetzt, fällt schwer zu akzeptieren, dass zu ihren Spielarten auch die Unverbindlichkeit und Wurstigkeit gehören. Freiheit grenzt an Willkür und Pflicht gleichermaßen. Lässt sie sich also kaum definieren? Gar nicht, ist man sogar geneigt zu sagen. Aber das hat nicht mit ihrem großen Bedeutungsumfang zu tun, sondern mit ihrem Inhalt: Freiheit ist eine Aufgabe, kein Zustand. Was sie ist, zeigt sich nur in der Art, wie von ihr Gebrauch gemacht wird. Es gibt sie nicht anders als in der Handlung, die sich auf sie beruft. Ihren Inhalt gewinnt sie über den Umfang eines Tuns, das sich nicht anders auslegen will als durch den Anspruch, frei zu sein. Vielleicht ist Freiheit so ein Synonym für das, was im besten Sinn „menschlich“ heißt, ohne dass damit schon etwas moralisch qualifiziert wäre.