Stimmigkeit

Die öffentliche Ignoranz der Konsistenz („Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern?“), indem Widersprüchliches für stimmig erklärt und die Lüge zur Wahrheit erhoben wird, indem schwerwiegende Unterschiede seelenruhig eingeebnet werden oder das Recht rücksichtslos übergangen wird – sie hat nur ein Ziel: den Bürger politisch unmündig zu machen. Ermattet von der dauernd herausgeforderten Anstrengung, wider die unnachgiebige Störung der Wahrnehmung ein Zeichen der Klarheit zu setzen, gibt er spätestens auf, wenn ihm keiner mehr zuhört, wenn seine wiederholt insistierenden Aufklärungsersuche, seine Fehlerkorrekturen, seine gelegentlich zu triumphierend vorgebrachten Lügenbeweise nicht nur bei denen nichts bewirken, auf die sie zielen, sondern auch das Publikum nicht mehr erreichen. Das stellt zwar fest, dass nicht alles stimmt, was gesagt wird; aber es lässt sich davon nicht verblüffen, ja es wächst daraus kein höheres Interesse am wirklichen Sachverhalt, an Wahrnehmungs- und Wahrheitskriterien. Ohne eine Empfindsamkeit für Konsistenzspannungen wird die Desorientierung zum Normalfall. Und zum Einfallstor für alle, die in böser oder bester Absicht Eindeutigkeit versprechen, wo es sie nicht geben kann.