Streng vertraulich

Das Stimmengewirr im Zugabteil bietet für gewöhnlich einen dichten Geräuschteppich, in den eingehüllt der Vieltelefonierer meint, vor ungebetenen Gesprächszeugen sicher zu sein, wenn er nur nicht allzu laut spricht. So lassen sich auch von unterwegs noch unveröffentlichte Bilanzzahlen durchsprechen, die Vorlieben in der Einkaufsliste abgleichen, lässt sich der Büroklatsch höhnend weitergeben oder der Lebenspartnerin mal eben mitteilen, dass man sich von ihr trennen werde. Die Wellen an Gelächter im Hintergrund, das Rascheln der Butterbrotpapiere, Geflüster hier oder munteres Geplaudere dort sorgen für die gebotene Diskretion. Doch wie bei den Meereswellen, deren Interferenz zuweilen eine glatte Wasseroberfläche beschert, ersterben auch die zuverlässigsten Laute ab und zu, als würden sie von Geisterhand dirigiert. Im Waggon ist nun nur noch die Stimme des Manns am Telefon zu hören, die allerdings für alle deutlich vernehmbar: „… und dann muss ich Ihnen noch etwas sagen, was Sie bitte als absolut vertraulich behandeln mögen …“ Erschrocken dreht er sich um und starrt in spottbereite Gesichter. Plötzlich bricht das Abteil in lautes Gebrüll aus; der Geschäftsmann legt verlegen auf. Die unvermittelte Stille hat alle daran erinnert, von wievielen Unwägbarkeiten ein gutes Gespräch abhängt.