Stummes Entsetzen

Die Gewalt hat die Macht übernommen in dem Moment, indem es der Mehrheit die Sprache verschlagen hat. Nichts ermutigt den Pöbel stärker als das stumme Entsetzen, die stammelnde Fassungslosigkeit, das verzweifelte Ringen um einen angemessenen Kommentar, die stereotype Verurteilung einer Tat, wenn das Ausmaß seines Wütens sichtbar geworden ist. Im Schrei verliert die Stimme ihre Individualität. Im Schweigen angesichts von Hohn und Hass bezeugt sie die Angst, aus sich so herauszutreten, dass sie wiedererkennbar wird. Das ist die selbsteinsichtige Paradoxie jeder Kommunikation: dass Worte dann am nötigsten sind, wenn jeder weiß, dass sie nicht genügen. Sie reichen nie aus und wollen stets mehr sagen, als sich ausdrücken lässt: Man nennt das Sprache.