Timing

Das Gespür für das, was an der Zeit ist, gehört zu jenen Empfindsamkeiten, über die wir unser Sozialleben regulieren. Im Sinn für Entsprechungen stiften wir beiläufig Nähe oder signalisieren unausdrücklich Abstand, zeigen Formen der Verachtung, nicht zuletzt der Höflichkeit. Vielleicht ist diese Art der freundlichen Aufmerksamkeit überhaupt nichts anderes als das wohleingesetzte Talent, adäquat zu handeln. So manche Botschaft, die über das Zeitgefühl vermittelt wird, übertönt den Inhalt einer Aussage. Da zögert einer zu lang mit der Antwort auf eine Nachricht und will trotz Zusage und Zuvorkommenheit im Text nur eines signalisieren: Lass mich künftig in Ruhe. Warten lassen ist eine der vergiftetsten Zeichen im Gesellschaftsspiel von Zuneigung und Ablehnung.