Überraschungsbesuch

In jedem Lohn steckt eine Lästigkeitsprämie, die nicht eigens ausgewiesen sein muss. Sie honoriert all die unangenehmen Begleiterscheinungen des Berufslebens, die sich gelegentlich Luft schaffen im ambivalent-genervten Ausruf: Dauernd will einer was von mir! Andersrum wäre es allerdings auch nicht gut. In Zeiten des home office hat sich verschoben, was als Ärgernis verbucht werden muss. Da Überraschungsbesuche des geschätzten Kollegen im Büro, der stets eine kleine Zusatzbitte um schnelle Erledigung hinterlässt, derzeit kaum stattfinden können, Kunden Reklamationen nicht direkt vortragen, Termine in Behörden nicht oder nur nach umständlicher Voranmeldung erlaubt sind, geht es weniger um diese ungeplanten professionellen Plagen als die Verzweiflung über die notorische Unerreichbarkeit von Mitarbeitern. Lästig ist, dass der spontane Zuruf und der einer Aufgabe beigegebene Anspruch den Adressaten allenfalls über allzu lange Umwege erreichen, so dass sie zwischenzeitlich fad geworden sind und an Kraft verloren haben. Nicht nur „Abstand halten“, sondern vor allem „Auf Abstand halten“ ist das Gebot der Stunde in der Arbeitswelt.