Versuchsfeld Ich

Tiefer als in einer Psychoanalyse, ausgedehnter als in einer Beratung, ernster als in einer Seelsorge erforscht der Schauspieler sein Innenleben. In der Auseinandersetzung mit den Figuren, die er darzustellen hat, begegnet er sich selbst in all seinen letzten Gründen und Abgründen. Wenn er nicht den ganzen Reichtum seiner Persönlichkeit einsetzt, wird er nie den Charakter veranschaulichen können, den ihm das Drama zu repräsentieren aufgibt. Es ist sein Gestus, seine nur ihm eigene Ausdruckskraft, die er wählt, aber als ein Mittel, um einem Fremden, der ihm als Text begegnet, eine lebendige Seele einzuhauchen. Eine Seele, vor der er dann im besten Fall erschrecken mag, weil er sich in ihr sieht, wie er sich nie je meinte, wahrnehmen zu müssen. Schauspielen bedeutet zu entdecken, dass Ich ein Anderer, nein: viele Andere ist.