Was man verliert, wenn man gewinnt

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Unter den Heilswörtern, der unsere Zeit ihre Problemlösungskompetenz anvertraut, ist „Effizienz“ sicher das gebräuchlichste. Als einfache Antwort auf Fragen, deren Komplexitätsgrad stets weiter zunimmt, besitzt die Effizienz die Faszination des Genialischen, das zum leicht vollziehbaren Standard avanciert. Der direkte Weg, die kürzeste Verbindung zwischen zwei Punkten, als ideales Kriterium und Maßstab ersetzt viel schwerer zu bewertende Kenngrößen wie Qualität, Schönheit, Tradition oder Menschlichkeit. Für Umwegiges und Umständlichkeit ist da kein Platz. Unter Bedingungen der Zeitknappheit hat der keine Chance, welcher den Gesichtspunkt der Entsprechung ins Felde führt und meint, es müsse vielschichtigen Situationen auch mit verzweigten Mitteln begegnet werden. Man kann fragen, was dabei auf der Strecke bleibt. Zumindest wird man den Verdacht nicht los, dass der Mensch, sobald er sein eigenes Leben und dessen kulturelle Leistungen unter das Diktat der Effizienz stellt, unterhalb seines eigenen Niveaus handelt, indem er sich überfordert mit etwas, das ihm nicht gemäß ist. Kultur ist stets geboren aus der Einsicht, dem Indirekten eine Überlegenheit zuzugestehen, die stabilisiert. Eine der anschaulichsten „Leistungen“ der Effizienz ist der Trampelpfad. Als kürzeste Strecke durch eine Landschaft, nicht selten einen städtischen Park, dokumentiert er die wirklichen Wege der Menschen, die sie unter Zeitknappheit wählen. Und zeigt dabei, wie hässlich, gewaltsam, ignorant die Wirkungen sind, wenn das Prinzip der Effizienz sich durchsetzt.