Zeitgenosse

Vielleicht ist Unzufriedenheit nichts anderes als ein schlechter Umgang mit Zeit. Sie stellt sich ein, wenn Dringliches nicht schnell genug erledigt werden kann, wenn Bedürfnisse ihren Frieden nicht finden, weil sie zu lang warten müssen auf Erfüllung, wenn der verpasste Moment sich im Nachhinein als der rechte Augenblick vorstellt, der nicht ergriffen wurde. Sie erfasst den Frühaufsteher, der verschlafen hat, und den Morgenmuffel, der aus dem Schlaf gerissen wurde. Sie nistet sich ein ins Leben als lästiger Dauerzustand, als leeres Gefühl, sich selbst enteilt zu sein, als Missmut, einer Vorstellung hinterherhinken zu müssen, von der sich nicht einmal genau sagen lässt, was sie auszeichnet. Unzufrieden ist, wer meint, seiner eigenen Zeit böse sein zu sollen. Bitter, wem es nicht glückt, zum Zeitgenossen zu werden.