Zwillingspärchen

Eine der vornehmsten Aufgaben, die Sprichwörter zu erfüllen haben, ist, mit einer Klarstellung jede Erklärung überflüssig zu machen. Das mag der Grund sein, warum für offenkundig strukturähnliche Situationen höchst unterschiedliche, ja gegensätzliche Deutungsangebote zur Verfügung stehen. Gleich und gleich gesellt sich gern, na klar. In etwa so oft, wie Gegensätze sich anziehen. Das Mysterium der Sympathie wird durch den Spruch denen entzogen, die es erforschen wollen, und jenen anderen, die in es allzu viel hineingeheimnissen. Das Plakative eines Sprichworts übergeht allerdings auch all die reizvollen Zwischenformen. Wie oft kommt vor, dass einer sein Gegenüber gerade meidet, weil er bei schönster Seelenverwandschaft über die Kenntnis der eigenen Untiefen vor Augen geführt bekommt, wie es ihm ergehen würde, wenn er der Attraktion durch das Spiegelbild widerstandslos nachgäbe. Gleich und gleich gesellt sich schon deswegen nicht immer gern, weil einer sich selbst nicht über den Weg traut – was so viel heißt wie am anderen zu zweifeln.