Entweder man hat sie, oder nicht: Zur Erhabenheit einer Moral gehört, dass sie sich nicht sinnvoll einfordern lässt. Das wirkt jedesmal betulich, nicht selten peinlich. Das Gute lässt sich nicht verordnen, wahrscheinlich nicht einmal erbitten. Umso bedenklicher ist die neu erwachte Sehnsucht nach einer starken Moral in sittlich unbehausten Zeiten. Sie wiederzugewinnen, führte in der Vergangenheit regelmäßig über politische Barbarei, Gewaltherrschaft, das brutale Diktat des Dünkels, der Heuchelei und Verlogenheit. Die Moral wird allzu unmoralisch, sobald man sie erzwingen will.