Tag: 21. August 2025

Angetragene und aufgetragene Erinnerungen

Mit dem Alter steigt die Zahl derer, die sich gemeinschaftlich erinnern wollen. Klassentreffen, das Wiedersehen mit den Studiengemeinschaften, Jubiläen des Examens, das alles sind Anlässe, frühe Bekanntschaften zu erproben, ob sie an Zukunft noch etwas versprechen. Den Test bestehen die wenigsten. Es wird viel gelacht, noch mehr Anekdoten werden ausgetauscht. Man verlässt solche Treffen meist leer, auserzählt, gelangweilt vom Immergleichen: Was machst du heute? Was macht die wohl, die nicht dabei ist? Weißt du noch? Selten – aber es kommt vor – ist unter den standardisierten Geschichten ein Mosaikstein, der das Bild, das man sich von sich selbst macht, vervollständigt oder verändert. Das sind Glücksaugenblicke. Aus tiefster Vergangenheit entsteht plötzlich eine Identitätsgewissheit, die weit in die Folgezeit hinein ragt. Die Erinnerung ist zum Risiko für die Gegenwart geworden.