Am Bahnsteig gegenüber steht winkend die Freundin von früher; sie will offenkundig in die entgegengesetzte Richtung stadtauswärts fahren und wartet auf die nächste Gelegenheit. Die Züge sind noch nicht gekommen, so dass zwar kein Dialog entsteht, aber ein kurzer Wortwechsel über die trennenden Gleise hinweg, wo man sich doch jahrelang nicht gesehen, nicht gesprochen hat. „Alles klar?“, ruft er. „Und bei dir?“, kommt es von der anderen Seite, weder als Antwort gemeint noch als ernsthafte Frage. „Lass uns einen Kaffee trinken, ja?“ Sie nickt. Und kann gerade noch sagen: „Wir treffen uns nächsten …“ Die einfahrende U-Bahn schneidet den entscheidenden Teil des Satzes ab. Sie ist eingestiegen. Ob sie weiß, dass er ihren Vorschlag nicht mitbekommen hat? Früher hatte sie, ganz im Businessjargon, Verabredungen immer wie die Termine in den Vorstandsetagen „aufgegleist“. Nun war der Versuch, sich zu treffen, schon im Ansatz entgleist. Ihr Weg führte dorthin, der seine hierhin. Sie hatten sich nicht einmal im Unendlichen berührt. Nie schien sie ihm so fern zu sein wie in dem Augenblick, als sie noch einmal zum Greifen nah war.