Allein mir fehlt der Glaube

Ludwig Feuerbach, der wohl gefährlichste unter den Religionskritikern des neunzehnten Jahrhunderts, hat die Weihnachtsbotschaft durch zwei Wörter ergänzt und meinte, dadurch die Theologie in die Anthropologie wenden zu können: nichts als. Gott ist – nichts als – Mensch. „In der Inkarnation gesteht die Religion nur ein, was sie in der Reflexion über sich selbst, als Theologie, nicht Wort haben will, dass Gott ein durchaus menschliches Wesen ist.“* „Durchaus“ meint hier: durch und durch. Gerade weil Sätze dieser Art eben auch in den großen Lehrbüchern der theologischen Dogmatik stehen, zeugen sie, kritisch gewendet, nicht nur von einem tiefen Verständnis von Religion, sondern treffen diese im Kern. Erst eine Theologie, die sich solchen Anwürfen stellt und sich an ihnen entwickelt, findet zur Meisterschaft. Doch Verabsolutierungen – nichts als, nur, durch und durch – fordern den eigenen Gedanken selten, noch schärfer und klarer zu werden. Gewöhnlich nutzt sich die Provokation rasch ab zur Banalität und endet etwa als fade Werbebotschaft eines Weltgetränks: Der Weihnachtsmann glaubt an den Menschen. Wer hätte gedacht, dass Santa Claus in Wahrheit ein Renegat ist?

Hauptbahnhof Zürich

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*Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums, 1. Teil, Kap. 5